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Biedermeier (etwa 1815 bis 1860)

Biedermeier bezeichnet eine vor allem in Deutschland und Österreich verbreitete Stilepoche, die sich in der Zeit zwischen der Romantik und des Realismus, also etwa zwischen 1815 und 1860, entfaltete und sich auf Malerei und angewandte Kunst sowie auf Literatur und Musik erstreckte. Der zunächst pejorativ-ironisch gebrauchte Begriff ist zurückzuführen auf die fiktive Figur des Gottlieb Biedermaier, des treuherzig-kleinbürgerlichen Helden der Satire-Zeitschrift »Fliegende Blätter«, der die konservative kleingeistige Weltsicht des Spießbürgertums parodistisch repräsentierte und damit einen eindeutigen Kontrapunkt zu den liberalen Strömungen des Jungen Deutschland bildete. Erst nach 1900 erfuhr der bis dato negativ konnotierte Begriff eine Wertneutralisierung. Heute steht der Begriff »Biedermeier« für eine angenehme bürgerliche Wohnkultur und ein Ambiente privater Gemütlichkeit, ferner wird er auch als Reaktion auf staatliche Kontrolle und Zensur verstanden.

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Kulturhistorischer Kontext



Mit der Herausbildung der bürgerlichen Kultur am Ende des 19. Jahrhunderts gewann das private und familiäre Leben zunehmend an Bedeutung. Es ereignete sich eine Verschiebung im Wertesystem von den Repräsentationsbedürfnissen zur Zeit des Empirestils hin zur Wertschätzung des häuslichen Glücks in den eigenen vier Wänden. Bürgerliche Tugenden wie Fleiß, Ehrlichkeit, Treue und Pflichtgefühl wurden zu allgemein anerkannten Grundsätzen erhoben. Geselliges Beisammensein fand in kleinen Kreisen bei Kaffeekränzen, am Stammtisch, bei der Hausmusik sowie in Wiener Kaffeehäusern kultiviert. Die bürgerliche Familie war patriarchalisch struktiert, d. h., der Mann galt als Oberhaupt der Familie. Der Wirkungskreis der Frau beschränkte sich auf den Haushalt, auf Handarbeiten und das Klavierspiel. Der vermögende Teil der Gesellschaft beschäftige eine Reihe von Angestellten wie etwa Köche, Kutscher und Kindermädchen. Der Kindererziehung wurde besondere Aufmerksamkeit geschenkt; hierzu erschien entsprechende Ratgeberliteratur. Das uns heute bekannte familiäre Weihnachtsfest mit Christbaum, Weihnachtsliedern und Bescherung wurde in der Biedermeierzeit ausgebildet.

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Merkmale



Die Epoche des Biedermeiers ist mit der ihr innewohnenden anspruchslosen Eleganz zugleich als eine Gegenbewegung zu dem auf Repräsentation und Prachtenfaltung ausgerichteten Empirestil zu verstehen. Das Biedermeier, das sich in Anlehnung an einen vereinfachten Klassizismus entfaltet, zeichnet sich durch solide, einfache Formgebungen aus, die sich vor allem in der Gestaltung von Möbeln widerspiegelt. Auf Schmuckwerk jedweder Art wurde weitestgehend verzichtet. Kommoden und Schränke zeichneten sich zumeist durch glatte und einfache Oberflächen aus. Zum Zwecke der Verzierung wurde bevorzugt auf architektonische Motive wie etwa Pilaster, Säulen oder Palmetten zurückgegriffen. Kennzeichnend ist die Verwendung von hellen Furnierhölzern wie etwa Ahorn, Esche, Kirschbaum und Birnbaum, ferner auch Intarsien aus Ebenholz, mittels dessen schlichte Dekorationseffekte erzielt wurden. In erster Linie aber wurden Biedermeier-Möbel unter dem Anspruch der Zweckmäßigkeit und Behaglichkeit entworfen. Die ersten solcher Möbel sind in Wien entstanden, wobei englisches Mobiliar als Vorbild herangezogen wurde. Charakteristisch für das Biedermeier sind Kleinmöbel wie etwa Kommoden, Sekretäre oder Nähtischchen.

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Malerei, Literatur, Musik und Mode im Biedermeier



In der Malerei fand das Biedermeier einen häufig sentimental anmutenden Ausdruck, so etwa bei dem deutschen Künstler Moritz von Schwind wie auch bei dem Österreicher Ferdinand Georg Waldmüller. Die Motive ihrer Werke sind vor allem durch einen Rückzug ins Private, durch häusliche Szenen und Geselligkeit im Kreis der Familie und Freunde gekennzeichnet. Hierbei dominierte ein pseudo-realistischer Stil, das heißt die Wirklichkeit wurde häufig in idealisierter Form dargestellt. In der Literatur setzte sich die Stilbezeichnung Biedermeier erst später durch; »biedermeierliche« Züge weisen in Deutschland Werke von Eduard Mörike oder Annette von Drüste-Hülshoff, in Österreich solche von Franz Grillparzer auf. Auch die Musik wurde vom Stil des Biedermeiers tangiert; so gewann die Hausmusik zunehmend an Bedeutung. In beinahe jedem Wohnzimmer stand nun ein Klavier. Bevorzugt wurden vorrangig Kammermusikstücke. Namhafte Biedermeier-Komponisten waren unter anderem Ludwig Berger, Christian Heinrich Rinck sowie Leopold Schefer. Der Wirkungskreis des Biedermeier ersstreckte sich auf die Mode jener Zeit. So wurden etwa Korsette und Reifröcke zu unerlässlichen Kleidungsstücken unter den Damen der gehobenen Gesellschaft. Ebenso unerlässlich waren diverse Accessoires wie etwa Regenschirme oder Kaschmirschals. Kennzeichnend waren auch Ballonärmel, die mittels Rosshaar in Form gebracht wurden. Gestreifte, karierte oder geblümte Stoffmuster erfreuten sich großer Beliebtheit. Auch die männliche Kleidung trug man fortan eng tailliert. Lange Hosen, gemusterte Westen, Gehröcke, Fracks, Zylinder, Spazierstock, Handschuhe, Taschenuhren sowie lange Koteletten kennzeichneten die Herrenmode jener Zeit.

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