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Jugendstil (1895 bis 1914)

Begriff

Beim Jugendstil handelt es sich um eine weltweit bedeutsame Stilrichtung in der angewandten und bildenden Kunst, die zeitlich an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert anzusiedeln ist. Er erstreckt sich auf die Bereiche Malerei, Bildhauerei, (Innen-)Architektur, Möbeldesign, Plakat-, Glas- und Textilkunst sowie auf Keramik und Buchillustration erstreckt. Auch in der Literatur und Musik fand die Stilepoche ihre Ausprägung. Die Bezeichnung Jugendstil leitet sich von der 1896 gegründeten Zeitschrift »Die Jugend« ab. Auf internationaler Ebene hat sich der französische Ausdruck Art Nouveau durchgesetzt, der auf die »Galerie La Maison de l'Art Nouveau« zurückgeht, welche der Kunsthändler Siegfried Bing Ende des 19. Jahrhunderts in Paris eröffnete. Synonym verwendete Bezeichnungen sind unter anderen Modern Style (angloamerikanischer Raum), Stile Florale oder Stile Liberty (Italien).

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Merkmale

Charakteristische Elemente des Jugendstils sind lange dekorativ geschwungene Linien sowie flächig-lineare Ornamente, die sich an den organischen Formen von Pflanzen orientieren und einen Hang zum Asymmetrischen aufweisen. Verwendet werden hierbei edle, häufig exotische Materialien, die sich durch hochwertige Verarbeitung und kunstvoll-elitären Charakter auszeichnen. Zudem gehörten Funktionalität und Widerspiegelung derselben in der Gestaltung der Dinge zu den Ansprüchen jener Stilepoche. So sollten etwa die Fassaden eines Hauses nicht mehr notwendig symmetrisch sein müssen, sondern der an Funktionalität orientierten Raumaufteilung genügen dürfen. Doch handelt es sich beim Jugendstil keineswegs um eine einheitlich-stringente Bewegung, vielmehr umfasst sie eine Vielzahl von teilweise stark divergierenden Strömungen, deren Gemeinsamkeit allenfalls in der Abkehr von historisch überlieferten Formgebungen besteht. Ein wesentliches Ziel des Jugendstils bestand darin, die Barriere zwischen Kunst und Leben einerseits sowie zwischen den einzelnen Künsten andererseits zu überwinden. Die Kunst sollte, so das Anliegen, in die alltägliche Lebenspraxis integriert werden.

Jugendstil in Deutschland

In Deutschland bildeten sich verschiedene Zentren des Jugendstils; diese gingen von München aus, da hier die namensgebende Wochenzeitschrift »Die Jugend« ansässig war und 1892 die »Secession« gegründet wurde. Hier wirkten unter anderem der Maler Franz von Stuck sowie die Architekten Peter Behrens, Richard Riemerschmid und August Endel. Der neue Stil drang in der Gestalt von Illustrationen wie etwa in der ebenfalls einflussreichen Zeitschrift »Simplicissimus« in die angewandte Kunst vor. Von herausragender Bedeutung für die Entwicklung des Jugendstils in Deutschland war der Maler und Gestalter Otto Eckmann, der sich bevorzugt mit flächigen Darstellungen diverser Naturmotive beschäftigte; so entwickelte sich der Schwan, Eckmanns Lieblingstier, zu einem der Leitmotive des Jugendstils. Das zweitgrößte Hochburg des deutschen Jugendstils war Darmstadt, wo Großherzog Ernst Ludwig auf der Mathildenhöhe eine Künstlerkolonie gründete, die eine umfassende Erneuerung von Kunst und Kunsthandwerk zu Tage förderte. Diese fand insbesondere in den von Joseph Maria Olbrich und Peter Behrens konstruierten Wohn-und Ateliergebäuden ihren Ausdruck. Darüber hinaus hat der Jugendstil auch in den Städten Karlsruhe, Leipzig, Bad Nauheim, Berlin und Hagen seine Spuren hinterlassen.

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England und Schottland

Der englisch-schottische Architekt und Arthur Mackmurdo, der im Jahr 1882 in London eine Werkstatt für Inneneinrichtung gründete, trug maßgeblich zur Herausbildung des Jugendstils in England und Schottland bei. Der sogenannte Modern Style hob sich in den Folgejahren vor allem mit den Stoffentwürfen von Arthur Liberty und den Illustrationen von Aubrey Beardsley heraus. Die jährlich stattfindenden Ausstellungen der »Arts and Crafts Exhibition Society«, die seit dem dem Jahr 1888 abgehalten wurden, sorgten für die rasche Verbreitung des neuen Stils.

Frankreich und Belgien

In Belgien fand der Jugendstil vor allem durch die Architekten Viktor Horta und Henri van de Velde Anklang und Verbreitung, welche ihre Bauten mit elegant geschwungene Treppen, Balkonen und Toren aus Gusseisen ausstatteten. Auch in Frankreich erstreckte sich der Jugendstil vor allem auf den architektonischen Bereich; führend war hier Hector Guimard, der unter anderem die exotischen Eingänge der Metro entworfen hat. Auch auf dem Gebiet der dekorativen Kunst wie etwa durch den Glaskünstler Emile Gallé, den Möbeldesigner Louis Majorelle und den Plakatkünstler Alphonse Mucha hat die neue Stilrichtung ihre Spuren hinterlassen.

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Österreich

Die Hochburg des österreichischen Jugendstils war Wien, wo im Jahr 1897 die Künstlergruppe »Wiener Secession« konstituiert wurde. Maßgeblich beteiligt waren hieran der Maler Gustav Klimt, der Innenarchitekt, Graphiker und Maler Koloman Moser als auch die Architekten Otto Wagner und Joseph Maria Olbrich. Moser war auch Mitbegründer der »Wiener Werkstätte«, deren Entwürfe als Höhepunkte der Gebrauchskunst des Jugendstils anerkannt werden.

Italien, Spanien und USA

In Italien wurde die Stilrichtung nach Arthur Liberty, dem Begründer des Warenhauses Liberty & Co, benannt, also: Stile Liberty. In den Vereinigten Staaten erstreckte sich der Jugendstil vor allem auf die Plakatkunst. Zu den Federführenden des amerikanischen Jugendstils gehört vor allem Louis Comfort Tiffany. In Spanien tangierte der Jugendstil besonders die Bereiche Architektur und dekorative Kunst; maßgebend waren hier die Entwürfe des Architekten Antoni Gaudi. Ab 1910 erfuhr der Jugendstil einen sukzessiven Niedergang, der in den Zwanziger Jahren vom Art Déco abgelöst wurde.

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